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(Leidens-)Geschichte eines Neuzugangs: SEL Lo2001

Verfasst: So 3. Apr 2022, 10:47
von Baderbahn
Hallo zusammen,

wie im Vorstellungsthread angekündigt, möchte ich über meinen frisch erworbenen SEL Lo2001 berichten.

Die Maschine hat über das große Internetauktionshaus den Weg zu mir gefunden - geliefert durch ein Logistikunternehmen mit drei Buchstaben (G am Anfang). Leider hat das Logistikunternehmen das mit dem schonenden Pakethandling noch nicht so wirklich verinnerlicht und so kam der Lorenz trotz hervorragender Schaumstoffpolsterung mit gebrochenem Herzen Gehäuse bei mir an :whack: .
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Das Gehäuse habe ich mittlerweile soweit wieder hergestellt - die Bruchkanten sieht man leider, da müßte man spachteln und neu lackieren.

Währen der Demontage des Gehäuses kam mir direkt der Drahthalter entgegen - also kurz den Drucker angeworfen und Ersatz gefertigt (STL-Datei von hier: Lo2000: Defekt am Druckwerk), Druck im DLP-Verfahren, kann gerne weitere Teile drucken, falls Bedarf besteht.
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Um der verbreiteten Netzfilterplatzerei entgegenzuwirken habe ich den Filter abgeklemmt und gleich das beschädigte Netzkabel repariert.
Beim Test des Netzteils auf dem labortisch konnten alle Spannungen am Abgangsstecker der Netzteilplatine korrekt (nach Platinenbeschriftung) gemessen werden.
Also das Netzteil für gut befunden und wieder implantiert.
Einstecken - nichts, nur das Traffo-Brummen. Papier eingelegt, wieder eingesteckt - einmaliges Relais-Klacken, sonst nichts.
Pin 5/6 des Steckers gebrückt - immer noch nichts.
Doch dann: schwarzer Rauch !
Schnell ausgesteckt und die Räucherkerze identifiziert: Einer der beiden Gleichrichter auf dem Netzteil scheint keine Lust mehr zu haben, die Leiterbahn daneben schaut auch seltsam aus.
Neue Gleichrichter habe ich schon bestellt, die alten löte ich später aus und schaue mir die Leiterbahn auch gleich an.

Zum Abschluß die erste Frage an die Lo200x-Experten: Hab Ihr eine Quelle für elektrische Unterlagen (Schaltpläne, Wartungspläne, etc.)?

Vielen Dank und Grüße,
Simon / Baderbahn

Re: (Leidens-)Geschichte eines Neuzugangs: SEL Lo2001

Verfasst: So 3. Apr 2022, 12:28
von DF3OE
Hallo Simon,

herzlich willkommen hier bei uns im Forum.
Grundsätzlich ist zu sagen, dass man Fernschreiber eigentlich nicht verschicken kann. Selbst bei guter Verpackung schlagen die Fliehkräfte zu.
Heutzutage wird alles als "Paketpost" über Paketverteilanlagen transportiert und muss Stürze aus nicht geringer Höhe aushalten können.
Früher wurde solches Gut per Bahntransport nur mit "Flurfördergeräten" (mein Lieblingswort für Transportkarre :) ) bewegt.
Eigentlich geht heutzutage nur ein Transport auf Palette per Spedition.

Aber keine Sorge, Lo2000/2001 Ersatzteilträger gibt es genug... und hier kommen wir zum eigentlichen Thema. ;)
Die Elektronik ist das geringste Problem. Das Druckwerk ist dagegen eine der großen Fehlkonstruktionen der Technikgeschichte. :D
Allein bei mir und auch beim Werner in Aschaffenburg stehen jeweils mind. 10 Maschinen rum, die bisher praktisch
nicht reparierbar sind, und bei vielen anderen Mitgliedern auch.
Die elektrische Kupplung ist eine echte Fehlkonstruktion und nicht reparierbar. Derzeit sind einige hier aus dem Forum bei
der (halbwegs stilechten) Um-/Ersatzkonstruktion mittels Schrittmotoren.
siehe:
https://telexforum.de/viewtopic.php?p=23744#p23744

Leider finde ich jetzt auf Anhieb nicht, ob zu der Neukonstruktion schon was im Forum ist.

Alle Unterlagen zu der Lo200x (Lo2000 und 2001 unterscheiden sich nur s e h r geringfügig) sind grundsätzlich vorhanden und
größtenteils auch gescannt. Nur als Neumitglied hast du hier noch keinen Vollzugang zum Downloadbereich, der viel
Arbeit und Geld gekostet hat ihn zu erstellen.... bis wir den freigegeben, schauen wir uns die Leute erstmal an... ;)
Alle in der Community helfen gern, haben aber was gegen "Eintagsfliegen"....

Ersatzteile sind aufgrund der vielzahl nicht funktionierender Maschinen auch in Hülle und Fülle vorhanden.. ;)

Also, trotzdem den Mut nicht verlieren und vielleicht erstmal auf echte mechanische Maschine (Lo15, T37 oder T100) als Erstlingswerk
umschwenken.

Also, dann trotzdem viel Spaß hier in der Community.

Grüße aus dem Norden

Henning

Re: (Leidens-)Geschichte eines Neuzugangs: SEL Lo2001

Verfasst: So 3. Apr 2022, 13:34
von WolfgangH
Hallo Simon,

der Transportschaden ist übel. Aber Henning hat bereits alles dazu gesagt.

Zum Netzteil schon einmal eine Info aus meiner Erfahrung:
Daß der Gleichrichter abraucht, wundert mich sehr. Es sind m. W. Silizumbrücken verbaut, die sehr robust sind.
Hier liegt vermutlich ein oder mehrere Kurzschluß (-schlüsse) in der Schaltung vor, was ich auch von meiner Maschine kenne.
In so einem Fall sollten aber die Sicherungen auslösen, bevor etwas abraucht. Aufgrund ungeschickter Fehlersuche habe sicher 2 Schachteln davon verheizt. Bitte überprüfe zuerst einmal, ob überhaupt die richtigen Sicherungen eingebaut wurden. Es sind mittelträge Sicherungen verbaut.

Danach ein Tipp zur weiteren Fehlereingrenzung:
Nimm alle Karten aus der Maschine (merke Dir, wo was war, Foto z.B.) und stecke sie nach und nach einzeln wieder hinein (jeweils bei gezogenem Netzstecker, bitte kein Hot-Plugin). Wenn dann die Sicherung auslöst, weißt Du nämlich auf welcher Karte der Kurzschluß sitzt. (Bei mir waren es etliche Tantal-Elkos zur Stützung der Versorgungspannung auf der jeweiligen Karte.)

Details dazu gerne später.

Re: (Leidens-)Geschichte eines Neuzugangs: SEL Lo2001

Verfasst: So 3. Apr 2022, 14:04
von ReinholdKoch
Hallo Simon,

auch von mir noch schnell ein herzliches Willkommen hier bei uns in der Gruppe.

Ich glaube, mit dem Lo2001 hast Du Dir wirklich eine Herausforderung abgeschafft, die wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird.
Dem Rat von Henning kann ich auch nur ausdrücklich unterstützen und an Deiner Deiner Stelle erst einmal mit einer mechanischen Maschine beginnen.

Es ist sowieso so, dass NUR der eine Fernschreiber nicht allein bleiben wird. Der Trend geht ganz eindeutig zur der Mehr-Platz-Fernschreiber Stelle hin.
Schau Dir nur einmal meine Signatur an — da weißt Du dann, wovon ich rede. Ich wollte zu Beginn auch max. 1 Fernschreiber besitzen….
Ich hatte das bereits so genannt: Fernschreiber sind Hordentiere (@Andre aus Delitzsch: und jetzt sogar richtig geschrieben und nicht durch die Autokorrektur bearbeitet).

Re: (Leidens-)Geschichte eines Neuzugangs: SEL Lo2001

Verfasst: So 3. Apr 2022, 14:39
von Baderbahn
Ei, so viel Rückmeldung :)

Ich schreibe später ausführlich zurück, aktuell sitze ich nocheinmal am Netzteil.
Wäre es möglich, mir (Per PN?) zumindest den Schaltplan des Netzteiles zukommen zu lassen - Fehler Nr.1 sitzt eindeutig dort.
Die Gleichrichter habe ich ausgelötet, die scheinen doch gut zu sein. Abgeraucht ist die Leiterbahn Richtung Pin 8, welche zwischen den beiden ITT- Folienkondensatoren und der Steckleiste läuft.

Re: (Leidens-)Geschichte eines Neuzugangs: SEL Lo2001

Verfasst: So 3. Apr 2022, 17:11
von Andreasankl
Hallo Simon,

auch von mir ein herzliches Willkommen.

Ich habe Dir als Bilder einmal den Trafo und
die Stromversorgung beigefügt.
Ich hoffe die Schaltpläne passen es gibt verschiedene Ausführungen
wichtig ist die 10 stellige Nummer auf der Platine.
Die gesamten Unterlagen für den Lo2000 sind 3 dicke Din A4 Ordner.

Re: (Leidens-)Geschichte eines Neuzugangs: SEL Lo2001

Verfasst: So 3. Apr 2022, 20:15
von Baderbahn
Guten Abend liebe Telexfreunde,

noch einmal möchte ich mich für die rege (An-)Teilnahme bedanken!
Aber nun, Schritt für Schritt:
  • Punkt I, Versand: Ja - das hätte ich besser wissen müßen, aber man lernt ja nie aus... Immerhin waren die Gehäuseschäden reparabel und wie es scheint, sind keine mechanischen Schäden daraus entstanden. Hennings Antwort mach jedoch Hoffnung auf die prinzipielle Verfügbarkeit von Tauschgehäusen - zuerst muß die Kiste jedoch funktionieren.
  • Punkt II, Die Kupplung: Ich war der Annahme, daß der Kupplungsproblematik durch einen neuen Kupplungsbelag behoben werden kann... Habe ich da falsch angenommen? Solange die Maschine grundlegend nicht läuft, soll das aber nicht das Problem sein -> Was wir machen, wenn's nicht klappt, sehen wir dann, wenn's nicht klappt.
  • Punkt III, mechanischer Fernschreiber: (...) wenn Ihr da jemanden im Raum Stuttgart wisst, der Alteisen für schmales Geld in gute Hände abgeben möchte :whistle: (...) Inwiefern die mechanischen Fernschreiber als "Teletype" aka Rechnerterminal missbraucht werden könn(t)en wäre dann noch zu klären.
  • Punkt IV, Netzteil: Erstmal vielen Dank an Andreas! Meine Platine ist mit 57012 51250 gemarkt - der Stromlaufplan scheint jedoch soweit stimmig. Als ich sah, daß Du etwas eingestellt hattest, hatte ich den fraglichen Bereich schon herausgezeichnet gehabt :D. Nach mehrmaligem Hin- und Her muß ich meine vorherige Aussage (Post #5) zurücknehmen - der Gleichrichter Typ B40C5500-3300 ist definitiv durch. Die Sicherung dahinter (Si5/2A) ist in Ordnung und korrekt, ebenso der nachfolgende Darlington-Transistor. Die Spannung an Traffoklemmen 8 und 9 liegt ohne Last bei 21VAC, was laut Beschriftung ebenfalls korrekt ist. Der schwarze Rauch kam von der Leiterbahn zwischen Pin 8/Steckleiste Bu28 und dem Gleichrichter, welche sich in Luft aufgelöst hat - die habe ich durch einen Draht ersetzt. Die Gleichrichter sind, wie im einganspost geschrieben, bereits bestellt - spätestens wenn die angekommen und eingelötet sind, geht's hier also weiter.
Ah, was vielleicht noch ganz interessant ist: Die Maschine wurde laut Zettel, der in der Papierführung steckte, im April '89 verplombt.

Re: (Leidens-)Geschichte eines Neuzugangs: SEL Lo2001

Verfasst: Mi 6. Apr 2022, 09:37
von DL5UY
Ein TELEX Fernschreiber ist keine (Amerikanische Marke)TELETYPE welche per ASCII kommuniziert...
Mit dem TELEX Zeichensatz kannst Du nicht einmal BASIC Programme richtig ausdrucken, es fehlen einfach einige Sonderzeichen.

Re: (Leidens-)Geschichte eines Neuzugangs: SEL Lo2001

Verfasst: Mi 6. Apr 2022, 22:21
von Baderbahn
Hallo in die Runde,

@DL5UY: pssst! ich verrate es niemand, daß das mein Telex gar nicht kann - Alibi und so ;)

@all:

Heute brachte der Postbote ein feines Päckchen mit diversen Elektronikbauteilen - darunter auch die beiden Gleichrichter.
Also habe ich mich heute Nachmittag in die Elektronikecke gesetzt und die Neuteile eingelötet - es wurden beide Gleichrichter getauscht, auch wenn nur der B40C5500-3300 (siehe Bild, auf den wird gezeigt) defekt war - ich möchte Ruhe von dieser Seite haben. Die durchgebrannte Leiterbahn habe ich mit einem eingelöteten Draht "geflickt"
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Nach Tausch der beiden Gleichrichter und Durchmessen der anderen Bauteile wurde das Netzteil beherzt eingesteckt - und siehe da: bei gleichmäßigem Brummen liegen alle Spannungen korrekt an Buchsenleiste Bu15 an - uff!

Das wieder funktionstüchtige Netzteil habe ich heute Abend wieder an seinen angestammten Platz einziehen lassen, alle internen Steckverbinder angesteckt und "Saft" auf die Kiste gegeben: Außer Traffobrummen nichts. Papier eingelegt: Dito.

Aber halt: Irgendwo hier im Forum las ich "Pin 5/6 des Steckers brücken" - flux eine Büroklammer dazwischengeschoben (Netzstecker ausgesteckt natürlich) und - man glaubt es kaum - ein Lichtlein leuchtet.
Die Kiste wird doch nicht ... ?!
Doch ! Die Kiste wird!
Nach Druck auf Taste "L" des Fernschaltgeräts läuft der Motor an, die Leuchten im Sichtfenster werden ebenfalls angeknipst.

Die (Teil-)Ernüchterung folgte kurz darauf: Auch mein Lo2001 leidet unter Kupplungsseuche. Der Schlitten zuckelt leicht, fährt aber nur mit Handunterstützung auf seiner Bahn.
Der Lochstreifenstanzer funktioniert wunderbar und produziert Datenmüll in Konfettiform, als hätte er noch nie etwas anderes gemacht.

Interessant für mich war die Feststellung, daß die Lettern allesamt klein abgedruckt werden - ich hatte mit Kapitalen gerechnet (... und davor das Typenrad nicht angschaut...).

Erstmal bin ich erleichtert, daß wohl kein größerer elektronischer Schaden vorliegt - die Kupplung werde ich schon noch erzogen bekommen, im Schwäbischen Elektro Lädle hat's anno dazumal auch irgendwie geklappt.

Edit: Es gab hier im Forum doch den Versuch, die Kupplung neu zu belegen - aber so recht geklappt hat das wohl am Ende nicht, lese ich dort heraus ?
Irgendwo hatte ich etwas von "neue Nickelschicht auftragen" gelesen - hier die Frage: War die Kupplungsscheibe orgiginal wirklich vernickelt ? Würde das helfen?

Ich werde die Kupplung die Tage ausbauen, so wie ich dazu komme. Spätestens dann geht's hier weiter.

Re: (Leidens-)Geschichte eines Neuzugangs: SEL Lo2001

Verfasst: Mi 6. Apr 2022, 22:55
von DF3OE
Glückwunsch zur Netzteilreparatur.

In Deutschland wurden Kleinbuchstaben verwendet.
Im Anglo-Amerkinischen Sprachraum Grossbuchstaben.
Übertragen werden einfach NUR Buchstaben. :)

Beim Schwäbischen Elektro Lädle waren die Kupplungen damals der Bestseller. Sie wurden halbjährlich getauscht. :) ich wünsche dir wirklich viel Erfolg!